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8. Etappe Schwarzenburg - Fribourg - Estavayer le Lac - Yverdon les Bains (4 Tage)

16. April - 19. April 2022


Ostersamstagmorgen...ich komme mit dem Zug in Schwarzenburg an...mit der Vorstellung, bis Ostermontag abends in Yverdon sein zu können...habe aber noch einen zusätzlichen Tag als Reserve für die gegebenenfalls zusätzlichen Wegstrecken oder spontanen Ereignisse eingeplant...

die Sonne strahlt und vorfreudig bin ich über die kleine Auszeit mit mir ...

grade als ich mich über meine Wegrichtung orientieren möchte, kommt ein E-Biker auf mich zu ...hey, das ist aber eine Überraschung! So begleitet mich ein besonderer Freund spontan für die nächsten Stunden (natürlich ohne E-Bike)...







...plaudernd, uns abenteuerliche Geschichten von nah und fern erzählend, ab und zu Blümli am Wegrand naschend, stehen wir irgendwann vor einer einladenden Weidenkuppel- einem Startpunkt für den Barfussweg "Heitenried"

...nichts davon gewusst, die Freude umso spontaner...vergnügen wir uns auf diesem tollen Pfad! Ein grosser Dank an die GestalterINNEN dessen!


...Und irgendwann am späten Nachmittag wird es Zeit für meinen Begleiter, sich auf seinen Rückweg zu machen...







...ich laufe weiter und begegne beim Platz einer Waldspielgruppe Herrn Stauffacher...der Wald gehört ihm und er hat in Eigeninitiative einen wunderbaren Unterstand für die Kinder gebaut, damit diese bei Regenwetter zwischendrin auch mal im Trocknen essen und sein können...

das passt dem Bauamt nicht! Und er wurde schriftlich aufgefordert, diesen abzureissen, was er aber nicht tun möchte...empört stimme ich zu! Auf seinem Grundstück, in grosszügigem Engagement zum Wohl der Kinder...wenn das gesunde Augenmass verloren geht und Bürokratie menschenunfreundlich wird! In diesem Sinne tauschen wir uns noch über einige Ansichten zum Zeitgeist aus und zu guter Letzt erhalte ich noch eine "Insider" Wegbeschreibung zu einer Schlucht, welche aktuell wieder geöffnet sei...

noch ein Stück durch den Wald spazierend, begegne ich einer Frau, mit der ich kurz ins Gespräch komme und so stellt sich zufälligerweise heraus, dass es ihr Bruder ist, mit dem ich mich zuvor so angenehm unterhalten hatte : )

auch sie rät mir, lieber auf dem Höhenweg mit Alpenpanorama statt auf dem offiziellen Jakobsweg Richtung Fribourg zu wandern...


...vorbei an langsam erblühenden Rapsfeldern, mit Fernblick in die Alpen, treffe ich im nächsten Waldabschnitt den Osterhasen...

...ach ja - Ostern! Menschen schmücken ihre Häuser und Gärten...an einem bleibe ich ein Weilchen stehen, weil es so einladend ausschaut...die Gestalterin ist im Garten und wir sprechen miteinander...ja, sie wissen ihr Paradies sehr zu schätzen und beim Gespräch über Jakobs- u.a. Pilgerwege fragt sie mich, ob sie mir ein Osterei mit auf meinen Weg schenken dürfe...ja, sehr gern- diese habe ich nicht dabei! Mit Zwiebelschalen gefärbt, schenkt sie mir gleich zwei, die ich dankbar sorgfältig einpacke...

und kurze Zeit später erreiche ich das Galterntal...



...ein magisch anmutender Kraftort...

es wäre eine schöne Option, inmitten der Feen,- Zwergen- und Gnomenwelt zu übernachten...ein Feuer zu machen, ein Pool zum Erfrischen...

doch die Sonne ist hier bereits weg, die Sicht für den Vollmond wohl eingeschränkt und am Morgen wird es auch länger dauern, bis die ersten

Sonnenstrahlen mich aufwärmen...






...der Weg aus der Schlucht heraus zieht sich noch lange und unmittelbar bin ich bereits in der Unterstadt von Fribourg...die Sonne geht unter, ich bin schon länger hungrig...

statt Lagerfeuer schaue ich auf einen grossen Bildschirm in einer Pizzeria, welches ein Feuer im Standbild zeigt...das nährt zwar nicht meine Sinne, aber dafür sättigt mich die leckere Holzofenpizza und ich fühle mich wieder gestärkt, um noch ein Weilchen im Mondlicht nach einem stimmigen Platz für die Nacht zu suchen...







...über einige Treppenstufen geht es von der Altstadt hinauf zur Chapelle de Lorette, von der ich eine prächtige Aussicht auf Fribourg by Night habe...nur einen für mich stimmigen Übernachtungsplatz finde ich nicht...entweder verbaut, durch Hochspannungsleitungen gestört, oder, oder...so steige ich im Mondlicht wieder den Berg hinunter Richtung Fluss...






....vorbei an der

ABBAYE DE LA MAIGRAUGE,

ein Zisterzienserinnenkloster

an idyllischer Lage

in einer Flusskurve der Saane...


finde ich meinen Platz -

am Ufer des Flusses,

angestrahlt vom vollrunden Mond,

die Glocken des Klosters begleiten meinen Schlaf...

und am nächsten Morgen...




...früh Sonnenlicht zum Erfrischen am Fluss!


...in die Stadt einen Café trinken und nach Hinweisen zur Fortsetzung meines Wanderweges Ausschau halten...gefühlte dreimal laufe ich mehr oder weniger im Kreis...dennoch lasse ich den "Handynavigator" aus...und entdecke schlussendlich auch ohne digitale Hilfe einen nächsten Wegweiser mit der Muschel für den Jakobsweg...

mein Weg führt durch den "AU BOIS DE MON COEUR" ( "Im Wald meines Herzens") ,

indem ich verweile und verschiedene Installationen spielerisch ausprobiere...

... welcher Titel trägt deine Bühnenaufführung ?

... und welchem Publikum würdest du es präsentieren wollen?


Und JETZT ist Zeit für meinen Osterbrunch!


Sorgfältig packe ich die schönen Ostereier aus- denke noch "fast zu schön zum Essen" ...eines packe ich für Ostermontag grad wieder achtsam in den Rucksack...zuhause in der "zivilisationsüberladenen" Komfortzone sind wir uns oft zu wenig der Fülle bewusst...


...ich erinnere mich, als ich vor vielen Jahren mal eine Auszeit an einem abgelegenen Ort auf der Insel Vulkaninsel La Palma verbrachte - ich sammelte u.a. die noch übrigen Mandeln von den Bäumen...während ich erst schälend und dann mit einem Stein aufschlagend mich dem kleinen Mandelkern näherte...meine Ungeduld, bis ich mal eine ordentliche Menge zusammenbekommen würde, wuchs (die spanischen und nicht gezüchteten Mandeln sind noch um einiges kleiner als die Mandeln, welche ich sonst kannte) ...ich probierte verschiedene Methoden, um effizienter zu werden, während mir die industrielle Entwicklung stufenweise bildlich durch den Kopf ging...zuletzt begnügte ich mich etwa mit der Hälfte der Menge, die ich üblicherweise zuhause selbstverständlich in den Brotteig oder ins Müsli schütte...


würden wir öfter mal gedanklich den Weg zum Ursprung zurück verfolgen, von dem was wir essen, würde sich mit der Wertschätzung dessen, auch wieder ein gesünderes Mass in unserem Konsum entwickeln...fange ich doch gleich mal mit dem Ei an, dass so schön verziert wurde...

Als Kind habe ich die Osterzeit geliebt - vielleicht noch mehr als Weihnachten...wohl auch, weil der Frühling wieder zu Entdeckungen und Sammeln in der Natur einlädt...

wie z.B. die Blüten der Taubnessel...

...stundenlang hatte ich sie Gläserweise gesammelt, um sie dann bei einer älteren Frau im Dorf gegen Schokolade einzutauschen...der Moment, wo sie von ihrer Wohnwand den Schlüssel zum "Barschrank" drehte, herunterklappte - und statt Alkoholflaschen sich ein Sortiment diverser Süssigkeiten vor meinen Augen auftat!...und ich meinen Geschäftstausch machte - ohne mir des Wertes meiner Sammlung bewusst zu sein...

...ja mit dem "Wert" ist das so eine Sache...

schon immer gefielen mir die Löwenzahnblüten - sehen aus wie Sonnen aus dem Pflanzenreich! Als Kind sammelte ich mal einen ganzen Strauss davon und brachte ihn meiner Mutter. Einerseits war sie sichtlich berührt über meine kindliche Geste, andererseits sagte sie mir, dass ich diese nicht mehr zu sammeln bräuchte, da dies keine "richtigen" Blumen seien. Ich verstand es nicht; auch die gelben Finger störten mich nicht, die man durchs Anfassen bekommen kann.

Irgendwann, als ich schon lange erwachsen war, begann ich sie - nicht mehr als Blumen- wieder zu sammeln - für Gelee, Löwenzahnwein u.a. Und trotzdem finde ich sie immer noch wunderschön - als Blumen! Eine Herzensfreundin liebt sie auch und hat ihre Praxis danach benannt - "Sonnenwirbel".

Aber so ist der Mensch - was im Überfluss vorhanden ist, verliert seine Anziehung und so wird so manche Sache zu einem dekadenten Kult - wie beispielsweise das Geschlabber von Austern - muss man auch erst mal mögen oder so tun als ob...


Durch das Arbogne - Tal führt mein Weg

durch Wiesen, Felder, Wälder, über Brücken, entlang Bächen, bis nach Payerne...

die Kirchturmuhr zeigt fast 20 Uhr -

Zeit stadtauswärts zu wandern, um einen Übernachtungsplatz zu finden...es beginnt zu dämmern und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich noch in die gewünschte Richtung unterwegs bin...


...ich frage ein Paar, welches mir in leichten Wanderschuhen entgegenkommt..."nein, da sei ich in der völlig falschen Richtung!" meint der Mann völlig überzeugt zu mir. Estavayer würde genau in die entgegengesetzte Richtung liegen, von der ich grade kam. Etwas unschlüssig gehe ich mit ihnen den Weg, den ich zuvor gekommen war, zurück...bis ich wieder in der Stadt bin. Ich sehe ein Wanderwegschild mit "Estavayer le Lac" in jene Richtung, in der ich intuitiv richtig unterwegs war. Selbst dies überzeugte den Herrn nicht - nun ja, es gibt auch Menschen, welche mit Wanderschuhen ihren Stadtspaziergang machen, was aber nicht bedeuten muss, dass sie sich mit Wanderwegen auskennen.

Da es nun sowieso schon dunkel ist und ich keine Lust habe, den gleichen Weg zum Dritten Mal zu gehen, gönne ich mir in einer Bar erstmal ein grosses Panache. Zuvor meinte der Herr mit seiner begleitenden Frau noch, dass ich aufpassen müsse, die Stadt sei gefährlich. Nun ja, seine Ratschläge trafen bei mir auf zunehmend weniger Sympathie.

Etwa 2 Stunden später- durch Stadt und Wald- sowie unzählige Schritte weiter, fand ich endlich einen schönen Platz, mit Mondlicht und Aussicht auf den Sonnenaufgang.


Es ist kalt am Morgen, Raureif auf den Wiesen...rasch packe ich zusammen, um mich durchs Wandern mehr aufzuwärmen...ich komme über den Berghügel und vor mir liegt bei klarer Sicht das Alpenpanorama, zwei Ballons sind bereits unterwegs...ich möchte es fotografieren, doch der Akku ist leer! So spaziere ich ins nächstgelegene Dorf...ein kleiner Laden hat bereits offen...ich lasse dort mein Handy am Ladegerät und schlendere durch die Umgebung, bis ein Restaurant öffnet. Gemütlich trinke ich einen Cappuccino, schreibe ein wenig und gehe mein inzwischen aufgeladenes Handy wieder abholen.

Auf meinem Umweg komme ich an einem kleinen Weiler vorbei; auf einem Bauernhof versammeln sich viele Familien mit vielen vergnügt umherspringenden Kindern zum traditionellen Ostereier suchen im Wald - davor und danach kann man sich mit Allerlei vom Buffet stärken. Da bleibt mein Porridge im Rucksack und wird mit Schokoladenkuchen zum Frühstück ersetzt!

Seit gestern halte ich immer wieder Ausschau, um irgendwo einen Ameisenhaufen zu finden, um mein Osterei hineinzulegen. Bei einem Osterspaziergang in meiner Kindheit sah ich meinem Vater mit staunenden Augen zu , wie er die Schale vom Ei entfernte, es ganz in einen Ameisenhaufen reinpackte, ein bisschen wartete, es wieder herausnahm und ass! Damit würde man gross und stark werden - vor allem aber auch gesund bleiben!

Leider fand ich keinen Waldameisenhaufen - ich habe den Eindruck, diese nur noch sehr selten zu sehen...so gab es das Ei ohne Ameisensäure. Gross bin ich ja schon, noch ein bisschen stärker wäre schon gut...



...am späteren Nachmittag erreiche ich dann Estavayer le Lac! Jetzt weiss ich, wo die ganzen Menschen, welche ich unterwegs nirgends getroffen habe, sind!

Perfekte Zeit, um meinen Weg entlang des Neuenburger Sees fortzusetzen...

das Ufergebiet am südlichen Ende des Sees erstreckt sich über 40 km und umfasst acht Naturschutzgebiete - die "Grande Caricaie" - ein Seeuferfeuchtgebiet von internationaler Bedeutung. Ein Viertel der Schweizer Flora und Fauna, darunter zahlreiche seltene und bedrohte Arten, sind hier beherbergt.

( https://vimeo.com/245940511 )










...perfekte Zeit, um alleine und in Stille, welche nur durch Vogelgesänge bereichert wird, entlang des Sees und immer wieder über Stege, zu spazieren.

Das Lauschen ist mindestens so beeindruckend wie die sichtbare Schönheit der Landschaft.















...und immer wieder Spuren von nagenden Bibern...



















...noch ein schnelles (brrr..) Bad im See und dann überlasse ich das Wasser wieder dem Biber, dem ich vom Zelt aus noch bis in die Nacht zuschaue, wie geschwind er seine Schwimmbahnen zieht...










...die ganze Nacht ein Spektakel voller Tiergeräusche...

wäre interessant zu wissen, zu welchen Lauten welches Tier gehört...

so als würden sie mir eine Schlafhymne komponieren, aber ich bin viel zu fasziniert, um schlafen zu können...zumindest erstmal länger nicht...

es gibt soviel, das interessant wäre zu lernen, dafür genügt ein Leben gar nicht...

so entscheide ich mich öfter mal für die Phantasie, denn mit der fühle ich mich weniger begrenzt als mit dem Wissen...und da tauchen in der Nacht in meiner inneren Bilderwelt bei den Geräuschen die buntesten und wildesten Tiere auf...





...auch am frühen Morgen darf ich ganz ungestört die Vielfalt der Flora und Fauna

sehend und lauschend bewundern...






Pro Natura Zentrum Champ Pittet, in einem prächtigen Schloss aus dem 18. Jahrhundert


...bis Yverdon muss ich hin und wieder auf unumgänglichen Asphaltstrassen gehen...diese wurden gemacht für alles, was rollt- meine Füsse können zwar abrollen, aber nicht im Kreis rollen...und möchten deswegen mal streiken!

Endlich Yverdon les Bains - hier die Menhire von Clendy.

Diese gelten als wichtigste neolithische Fundstätte der Schweiz.

...die letzten Fussmeter zum Bahnhof sind überschaubar...gegen 16 Uhr sitze ich mit hochgelegten Beinen im Zug nach Hause...darüber nachsinnend, wie man in so wenigen Tagen soviel erleben kann ...im Aussen und im Innen...


* die Angaben beinhalten nicht die Umwege und auch nicht die "Anderswege" ; )

gut, hatte ich einen Reservetag für die Route eingeplant...


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