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passagecoaching

41. Etappe Aarau - Brugg - Turgi

27. Dezember 2022 (1 Tag)


10 Uhr, Ankunft in Aarau...vor mir ein Tag, um mit Zeit und Muse weiter entlang der Aare zu wandern... dabei dem Raum zu geben, was mich derzeit bewegt.

Die Weihnachtstage sind schon wieder vorüber, ohne dass die Menschheit von einem leuchtenden Kometen zur Besinnung erweckt worden ist...der reGIERende Kurs zur Kriegslust nimmt weiter Fahrt auf.

Ich denke und hoffe, dass die Mehrheit der Menschen in Frieden mit sich und ihrem Umfeld leben möchten...was also tun, um nicht zu resignieren gegenüber dem, was täglich an weltweiter Kriegstreiberei aufgetischt wird ?!

Was tun, mit der Ohnmacht gegenüber

der Not, der Angst und dem Leid von Menschen, die täglich an vorderster Front dem Kriegsgeschehen ausgesetzt sind ?!

Die Menschen werden dauerbeschallt und dauerberieselt von der Berichterstattung.


Es scheint, als habe man sich daran gewöhnt. "Was kann man schon machen?!", fragen sich so einige, während sie die Nachrichten hören und dabei -im noch verbleibenden Wohlstand- den Tisch füllen. Einige Menschen bringen es gar zusammen, dass sie sich während dem Essen die Bilder vom Kriegsgeschehen und hungernder Menschen im Fernsehen anschauen. Wie abgestumpft, oder auch abgespalten muss man dafür sein?


Was ist mein Weg, dass ich einerseits nicht wegschaue vor dem, was in der Welt passiert, andererseits mich davon nicht runterziehen lasse ?! Ich möchte mir, egal wie oft ich mit Bildern bedrohter und Notleidender Menschen konfrontiert werde, meine Berührbarkeit bewahren. Vor allem aber, werde ich das mir Mögliche tun, um mich nicht durch perfide Propaganda auf eine Seite ziehen zu lassen, denn:

Es gibt nicht die Guten und die Bösen in einem Krieg; es gibt nur die Verirrten und die Menschen, die unter den Verirrten leiden!

Und der Schmerz einer Mutter und eines Vaters, die ihren Sohn auf einem Schlachtfeld verloren haben, kennt keine Flagge.


Und so bleibe ich gerne auch ab und zu eine Träumerin, die sich eine Zukunft vorstellt, in der es nicht mehr- von jedem einzelnen Menschen- braucht, als ein "Nein" ... ("Nein, dazu stehe ich nicht zur Verfügung." ) Dann würde - "Es ist Krieg und keiner geht hin." - zu einer neuen Wirklichkeit.

Gegen Mittag bahnt sich die Sonne ein Fenster durch die Wolken und schenkt der kargen Winterlandschaft ein bisschen mehr Glanz. Ich nehme es als Einladung, mit meinen Gedanken wieder ins "Hier und Jetzt" zu kommen...dem Flusslauf der Aare folgend.



...Schloss Wildegg



...Essenspause auf einer Bank am Fluss vor der Rehaklinik in Bad Schinznach…eine ältere Frau mit Gehstöcken kommt auf mich zu und sagt mit schelmischem Blick "das ist meine Bank...", "oh, tut mir leid, sie ist nicht angeschrieben..." wir lachen beide - Lachen ist die kürzeste Verbindung zwischen Menschen! Sie setzt sich zu mir und sagt "ich habe mal frische Luft gebraucht, es ist so schön hier, aber niemand wollte von der Klinik mit raus kommen...". Im Verlauf des Gesprächs teilt sie mir mit, dass sie schon zum 5. Mal in dieser Reha sei...nun die zweite Hüfte, der ganze Rücken sei verschraubt, das sei nicht nötig gewesen, aber als Privatpatientin hätte dies gut Geld gegeben, heute wisse sie es besser...sie zieht ihre Jacke zur Seite und zeigt mir, dass ihr eine Brust fehlt, Krebs habe sie auch schon gehabt und an den Daumen musste sie auch operiert werden. Jetzt könne sie sich damit wieder selbst versorgen, denn seit der Pensionierung sei es mit ihrem Partner nicht mehr gut mit dem Zusammenwohnen gegangen. Sie seien seit 40 Jahren zusammen, dass jeder seine Wohnung habe, sei eine gute Lösung. Aber sie bleibe immer positiv eingestellt und sehe das Gute. Jetzt sei sie schon 84 Jahre und fahre immer noch Trike -ob ich wisse, was das sei...leider müsse sie nun wieder gehen, weil sie einen Therapietermin habe. Achtsam-vorsichtig geht sie mit den Stöcken über den unebenen Waldboden...ein älteres Paar kommt spazierend vorbei, er -kurz anhaltend- sagt „oh, schön vorsichtig!…“, die ihn begleitende Frau geht verlangsamt weiter, vor sich hin schimpfend, "die" müsse ja hier nicht so rumlaufen! Ich entgegne ihr: "Diese Frau macht das ganz prima und kann selbst entscheiden, was sie sich zumutet!" Der Mann lächelt und sagt zu meiner Gesprächspartnerin zugewandt: „Sie hätte ich schon aufgefangen, wenn Sie hingefallen wären…“, seine Begleiterin geht meckernd weiter. Irritiert fragt mich die Frau, auf die Gehstöcke gestützt "was wollte die Frau von mir?! Am liebsten hätte ich einfach gesagt, gehen sie doch einfach weiter!" "Sie wollte Sie entmündigen...ich wünsche Ihnen alles Gute, behalten Sie ihren Optimismus und ihre Selbstbestimmung!" Ich setze mich wieder auf die Bank, ich bin ja hier für eine Essenspause...ein weiteres Paar spaziert vorbei, der Mann grüsst mich freundlich mit „en Guete“, sie läuft mit ernster Miene im Stechschritt weiter. Ein Typus "Frauen" nach dem Pensionsalter: Mürrisch, unzufrieden, freudlos, das Spazierengehen wird zur Pflichtübung , ein "Gesundheits-Programm", das abgespult wird; etliche von ihnen, die mit einem Gadget am Handgelenk zeigen, dass sie nicht "fortschrittsfeindlich" sind. So können Sie stets überprüfen, dass sie im Normbereich ihrer Frequenzen liegen, statt sich selbst und ihren Körper in Achtsamkeit wahrzunehmen. Auch sonst wird gewissenhaft darauf geachtet, sich in der Norm zu bewegen - und das Einzige, was sie mal ausser Atem bringen kann, ist das Empören über jene, die sich nicht so verhalten, wie es sich aus ihrer Sicht gehören würde. Wäre ihr eigenes Leben interessanter, verginge ihnen die Lust, über andere zu lästern. Würde man sie am Abend fragen, was sie erlebt haben…käme vielleicht als Antwort, "ich habe meine 10.000 Schritte erreicht !" Schritte, wohin denn?! Und während ich so darüber nachdenke, ist die "Frau mit den Gehstöcken" grade in therapeutischer Behandlung...nur schon, was sie mir erzählt hat, lässt mich erahnen, dass sie so manches Leid in ihrem Leben ertragen hat, aber sie hat sich davon nicht ihre Freundlichkeit und Lebensfreude nehmen lassen...so was ist Charaktersache, nicht Ergebnis von Lebensumständen.





Brugg ist einer der ältesten Brückenorte der Schweiz. Schon die Römer überbrückten hier die enge (nur rund 12 m breite) Aareschlucht; 1064 ist die erste mittelalterliche Brücke bezeugt. Zahlreiche wichtige Strassen und Wege vereinigen sich hier, einzelne – wie der "Remigersteig" – haben auch ihre traditionelle Wegsubstanz bewahrt.

Ich verstehe die aufgesprayten Worte am Mauerpfeiler zwar nicht, aber ich hätte gerne mal gesehen, wie sie angebracht wurden - bei der Strömung, die hier auch ohne Hochwasser noch stark ist.





Die ehemalige Lateinschule in Brugg ist ein Kulturgut von nationaler Bedeutung. Verschiedene Frauen-Archetypen stellen die Theologie und die «sieben freien Künste» dar (Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Rhetorik, Dialektik, Astronomie und Musik).


Eine kleine Sightseeing-Tour führt mich durch die Altstadt...und dann ins "Kape Hiraya", ein Café, dessen Name übersetzt "Herzenswunsch" heisst. Hier gibt es philippinische Spezialitäten...

z.B. die Torte mit einer Art Süsskartoffel, deren Farbe violett ist...lecker! Dazu ein "Dirty Chai"; meint ein Chai mit einem Espresso drin - auch lecker!

Was eine gute Pause wieder für Kräfte verleihen mag...ist zwar bald am Dunkelwerden, aber bis dahin könnte ich noch bis...







...zu den Zusammenflüssen von Aare, Reuss und Limmat wandern...

und dann weiter bis zum Bahnhof nach Turgi.


17.40 Uhr, ich komme am Gleis an; perfektes Timing, der Zug fährt ein.

Und die Fahrzeit nach Hause ist von Kurzweiligkeit.















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