29. November 2022 - 30. November 2022 (2 Tage)
Heute ist ein besonderer Tag für mich, mein GEBURTsTag. Geburtstage gehören für mich würdig gefeiert - in welcher Form- selbstverständlich nach dem eigenen Geschmack. Geburtstage - ob der eigene, oder der von geliebten Menschen- verbinde ich immer mit grosser Freude und ein schöner Anlass zur Wertschätzung des Daseins.
Kinder spüren dies noch sehr intuitiv und lieben Geburtstage; das Einladen, sowie das Eingeladen werden, indem zum Ausdruck kommt "Du bist mir wichtig."
In diesem Jahr möchte ich meinen Geburtstag alleine gestalten und auf Pilgerschaft gehen...ich packe für drei Tage, der Wetterbericht meldet den ganzen Tag eine Regenprognose von 95 %
- die folgenden Tage nur wenig besser.
Was packe ich ein, welche Schuhe zum Wechseln? Noch einen Regenponcho, für den Fall, dass die Jacke irgendwann durchnässt ist! Ich zögere das Loskommen hinaus...habe nicht soviel Lust zum Aufbrechen - 95 % Regen, den ganzen Tag! Doch ich habe entschieden und weiss, dass es stimmig wird, sobald ich unterwegs bin.
Zürich HB, bis zum Umsteigen reicht die Zeit noch, bei meinem "Stammcafé" einen Cappuccino zum Mitnehmen zu holen - und heute - statt Geburtstagskuchen - ein aussen wie innen gefülltes Schoggigipfeli! Die Bedienung schenkt mir eine "Baci-Schokokugel" mit dem Hinweis, dass in der Verpackung ein Spruch sei...Natürlich passen diese Sprüche ja immer genau für die Situation- und wenn nicht, dann denkt man sie sich einfach passend.
Auf der Zugfahrt nach Kaiserstuhl geniesse ich zur Feier des Tages meine Zuckerbombe mit Café und lese schmunzelnd den Spruch:
"Sich selbst zu überraschen ist, was das Leben lebenswert macht."
Gegen 11.15 Uhr komme ich an, kein Regen, die Sonne drückt sogar ein wenig durch die dichte Wolkendecke hindurch...ich spaziere guter Laune vom Bahnhof durch's Städtli runter zum Rhein.
Ein schmaler Pfad schlängelt sich entlang des Wassers durch den Wald, eine wunderbare Ruhe, die ab und zu durch den Gesang von Vögeln oder dem Geschnatter von Enten bereichert wird. Ich denke:
"Geburtstage sind Tage, an denen man zurückblickt und betrachtet, was war. An denen man, das was ist, bewertet. Und an denen man mit neuen Wünschen, Hoffnungen und Zielen zu dem schaut, was kommen mag."
So blicke ich zurück auf letztes Jahr - einen Tag nach der zweiten "Covid-19-Gesetz"-Abstimmung, habe ich mit vielen Freunden eine ausgelassene Geburtstagsparty erlebt.
Zu einer Zeit, als man unter Vortäuschung falscher Tatsachen, staatlich vorzuschreiben versuchte, wie ein zwischenmenschlicher Kontakt gelebt werden darf. Eine Zeit, in der versucht wurde, eine Gruppe von Menschen zu erpressen, um in irregeführter "Sicherheit" am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.
Ich schreibe "versuchte", da es jene Menschen gab und gibt, die bei den menschlich unwürdigen Verordnungen und Massnahmen nicht mitgemacht haben. Massnahmen, welche in vielerlei Hinsicht zu verheerenden Kollateralschäden geführt haben, an deren Belastungen Mensch und Umwelt noch lange zu tragen haben werden. Blicke ich zurück, kommt es mir zuweilen so vor, als sei all dieser Wahnsinn ein Alptraum, in dem sich die Menschheit verloren hat. Auch wenn es vielerorts vordergründig so aussehen mag...
"es" ist nicht wirklich vorbei...es wird keine "alte Normalität" zurückkehren.
Umso wichtiger finde ich es, zu einer "neuen Normalität" beizutragen, in der Menschen gerne und mit-ein-ander leben möchten. Und während ich so darüber sinniere, wandere ich an den Zeitzeugen vergangener Verbrechen der Menschlichkeit vorbei- Betonbunker aus dem 2. Weltkrieg. Einige davon, die sich dem Rhein -der Grenzfluss zwischen Deutschland und der Schweiz- entlang aneinanderreihen, wurden zu Aussichtsterrassen und als Picknickplätze umgestaltet. Was wird in Zukunft mit den Trümmern der heutigen Zeit gemacht werden - vor allem mit den Trümmern in den Seelen der Menschen?!
Hat die Menschheit jemals wirklich aus der Geschichte gelernt?!
Von wem wurde die Geschichte geschrieben? Schaue ich mir die Welt derzeit an, so erkenne ich in keiner Weise, dass die Menschen aus der Geschichte gelernt haben.
Somit benötigt es eine andere Orientierung, um künftig eine bessere Geschichte für die kommenden Generationen schreiben zu können.
So, wie es auch bis in den Winter Blumen gibt, die uns mit ihrem Blühen symbolisch zeigen, dass sich auch in kalten und dunkleren Zeiten Schönes verbirgt, so liegt es bei jedem selbst, sich an dem einen, oder dem anderen zu orientieren.
Gerne teile ich einen Ausschnitt von einem Text, den ich heute geschenkt bekommen habe:
"Ich wünsch' dir Mut und Vertrau’n in dich selbst.
Und keine Angst, die falschen Fragen zu stell'n.
Ich wünsch' dir, dass du nichts versäumst und nichts bereust.
Und dich immer auf Morgen freust.
Ich wünsch' dir einen guten Freund,
der wenn’s nicht läuft,
an deiner Seite bleibt."
So ist kein Weg zu lang, mit dem Vertrau'n in etwas Grösseres, Wahrhaftiges, das uns stets umgibt; mit dem Mut, die eigene Grösse zu leben und sich stets gewiss zu sein, dass es Menschen gibt, die dir auch dann den Rücken stärken, wenn es unbequem wird.
Ein leichter Wind weht die letzten Blätter von den Bäumen und gegen 14 Uhr beginnt es leicht zu regnen...ich komme kurz darauf an einem Grillplatz vorbei. Im Trockenen unter dem Vordach eines Holzstandes packe ich meine Thermosflasche und mein Essen aus.
Es braucht oft so wenig, dass ein Tag zu einem guten Tag werden kann. Ich schaue zu, wie der Regen stärker wird und dann wieder abnimmt...und gehe weiter.
Ich komme an einem Naturschutzgebiet mit Aussichtsturm vorbei...rundherum eine reiche Tierwelt. Über den Steg geht es hinauf zur Plattform, "das wäre ein wunderbarer Ort zum Übernachten", geht es mir durch den Kopf. Aber dafür ist es noch zu früh und ich habe ja noch was vor am Abend, wozu ich einen guten Zuganschluss benötige.
17.45 Uhr, inzwischen dunkel, erreiche ich den Bahnhof "Koblenz Dorf ". Etwa 20 min. später fahre ich mit dem Zug nach Pratteln. Ein fünfzehnminütiger Spaziergang bis zum "aquabasilea" und dann "eintauchen" ins Thermalbad draussen unter dem freien Nachthimmel...ein feines Abendessen im Bad und nach Schliessung um 22 Uhr wieder zurück zum Zug spazieren.
Vor Mitternacht bin ich wieder am Ausgangsort in Koblenz. Ich spaziere noch eine Weile durch die Nacht und schlage bei leichtem Regen mein Zelt im Wald an einem einladenden Platz auf. Noch eine Weile höre ich dem aufs Zeltdach tröpfelnden Regen zu und fühle mich geschützt und geborgen. Ein schöner AusKlang meines Geburts-Tages.
Der Moment, welcher mich jeweils etwas Überwindung kostet: am frühen Morgen raus aus dem warmen Schlafsack, ein nasses Zelt einpacken...sobald ich den Rucksack auf dem Rücken habe, ist die Freude zum Weitergehen wieder da. Bis zum Bahnhof "Koblenz" ist es ca. eine halbe Stunde. Ich treffe unerwartet auf einen "toten" Bahnhof - kein Café weit und breit, auch keine Schliessfächer, um etwas vom Gepäck zurück zu lassen. Ein Zug fährt ein, Richtung "Baden", ich steige spontan ein mit der Absicht, in Baden gemütlich zu frühstücken und danach meine Tour ab Koblenz entlang des Flusses, fortzusetzen.
Kaum habe ich das Handy angestellt, kommt ein Anruf...beruflich. Eine Anfrage für eine akute Krisenberatung - ein Zufall, den ich aufgreife. Wäre ich nicht in den Zug gestiegen, wäre ich in Koblenz "offline" weitergewandert & nicht erreichbar gewesen. Nun bin ich im Zug, welcher bereits in Richtung nach Hause fährt und damit einige Zeit später zum Arbeiten parat.
Für mich hat diese Art des "Unterwegs-Seins" seine besondere Qualität u.a. auch darin, dass eine flexible Verbindung besteht zwischen meinem Alltag und den "Pilgertagen". Mein Abfahrtsort ist immer auch mein Ankunftsort zu einer anderen Zeit; ich nehme stets nachhaltig & integrierend etwas mit, von dem Erlebten, das dazwischen liegt. Durch diese Unterbrüche - von meinem Pilgerweg zurück in den Alltag und umgekehrt- habe ich immer wieder die Möglichkeit, Erkenntnisse und Vorsätze unmittelbar umzusetzen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Vielfach habe ich bei Menschen beobachtet, dass sie sich mit viel Euphorie und grossen Erwartungen auf eine (Pilger-) Reise begeben haben - in der Hoffnung oder der Annahme, dass dies ihr Leben verändern würde. Kamen Sie nach einer längeren Zeit zurück, dauerte es dann doch nicht lange, bis sie wieder in ihren gewohnten Mustern lebten und die Auszeit nur als eine idealistisch verklärte Erinnerung geblieben ist.
Dabei ist es die Summe unseres Alltags, der zuletzt unser Leben ausmacht.
So unterstützt mich meine Pilgerreise darin, mich auch in meinem Alltag immer wieder zu fragen: "wofür hat es sich heute gelohnt, zu leben?"
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