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22. Etappe Disentis/Mustér - Brigels

7. Oktober (1 Tag)


Bilderbuchblau strahlt der Himmel, die Bäume zeigen sich in ihren farbigsten Herbstgewändern - auch nur für einen Tag lohnt es sich, mir die Auszeit zu nehmen...

Herbst, es sieht so leicht aus, wenn ein Baum seine Blätter loslässt - manchmal tanzen sie noch ein wenig, bevor sie lautlos auf die Erde fallen. Wie ist es für uns Menschen, los-zulassen?

Sei es von Dingen, von Gewohnheiten, von Vertrautem, Liebgewonnenem, von Menschen und zuletzt vom eigenen Leben? Es scheint, dass der Herbst eine Zeit ist, in der auch mehr Menschen ihre letzte Reise antreten. In den vergangenen Tagen war ich auf zwei Beerdigungen, je ein Elternteil von Freunden. So verschieden die Leben, so verschieden das Sterben und so verschieden die Art des Abschiednehmens der Angehörigen. Und doch gab es eine Gemeinsamkeit: Es war ein würdevoller Abschied und es gab eine Gemeinschaft, in der sich die Trauernden getragen fühlen konnten. Das lässt mich unweigerlich an all jene Menschen denken, denen dies verwehrt geblieben ist. Noch immer kann ich es nicht fassen, wie eine Gesellschaft es zulassen konnte, dass man alte und kranke Menschen von ihren Nächsten isoliert und teilweise sogar weggesperrt und das als "Schutz" proklamiert hat. Zum Sterben alleine gelassen, einen würdevollen Abschied verwehrt, die Möglichkeit des Miteinander Trauern genommen...das hinterlässt Narben in den Seelen Betroffener.


Während ich diesen Ereignissen nachsinne, komme ich an einem quietschfidelen, fressenden Säuli vorbei. Ich lächle "ja, die Würde!" Vor langer Zeit verabschiedete sich an einem Arbeitsort von mir ein Supervisor von meinem Team. Er hatte als Geschenk für jeden von uns eine Tier-Holzfigur, die er mit den besonderen Eigenschaften eines jeden verbunden hat. Ich dachte noch "hoffentlich bekomme ich nicht das Säuli..."; hätte ich doch lieber einen Tiger oder einen Elefanten gehabt. Und so war es dann- ich bekam das Säuli ! Dazu die Worte: "So gut wie ein Schwein riechen kann - sogar Trüffel-Delikatesse -, so gut hast du ein Gespür für die Würde eines Menschen." Diese Interpretation hat mich ausgesöhnt mit dem Säuli und begleitet mich immer wieder in meinem privaten und beruflichen Leben. Die Würde wird oft im Zusammenhang vom "würdevollen Sterben" genannt, doch sollten wir erst mal lernen, in Würde miteinander leben zu können! Das bedeutet auch, das Leben UND den Tod zu achten - als Natur- und Schöpfungsgesetz.




https://www.youtube.com/watch?v=UAACKGqqnCI


Der Wanderweg kreuzt eine Strasse und ich laufe auf der anderen Seite weiter an einem Bach vorbei über die Wiese...noch immer ist sie taunass. So ziehe ich meine Schuhe aus und laufe ganz barfuss...nach einem Weg sieht es zwar nicht aus, aber es fühlt sich gut an, deshalb lauf ich mal noch weiter. Die Pflanzen werden dichter und an einem kleinen Bächli entdecke ich ganz besondere Blüten...dafür und fürs Taulaufen hat sich der kleine Abstecher gelohnt.







Zurück an der Strassenkreuzung laufe ich erstmal entlang der Strasse weiter bis zum nächsten Ort. Es ist ein Streckenabschnitt des Jakobsweg und da komme ich auch an der ein und anderen Kapelle vorbei. Diese hier in Runs ist mit seinen Malereien besonders schön. Sie stammt aus dem 17. Jh. und ist dem Heiligen Nikolaus von Myra gewidmet.









Die Natur zeigt sich in ihrer wunderbaren und anmutigen Pracht - völlig unabhängig davon, was in der Menschheit grade weltweit für kriegerische und selbstzerstörerische Handlungen inszeniert und gespielt werden.

Könnten diese nicht vermieden werden, wenn es der gesamten Menschheit gelingen würde, sich demütig vor dieser Grösse zu verneigen und wieder in Be-rührung damit zu kommen? So dass mit der Dauer, die Seele wieder in Einklang mit der gesamten Schöpfung stehen wird...








Brigels...mein Tagesziel für heute!

Zum Abschluss Einkehr ins Hotel-Restaurant Alpina, ein Tip von einer Freundin.

Leckeres Bündner Baumnussparfait zum Dessert und Eigentümer mit Verstand & Herz, wie sich mir in einem Gespräch offenbart. Auch ein schöner Ort für Winterferien. Eine lange Zugfahrt nach Hause - nachklingend und nachspürend, den Stimmungen und Bildern eines gedankenvollen Herbsttages...




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