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14. Etappe Salvan - Verbier - Lac des Vaux - Col de Chassoure (2739m) - Siviez - Nendaz - Veysonnaz

Aktualisiert: 29. Aug. 2022

10. Juli - 15. Juli 2022 (6 Tage)


Vernayaz...


Sonntagnachmittag, via Martigny

komme ich am Bahnhof in Vernayaz an...hier möchte ich mir noch zwei Naturschönheiten anschauen, bevor ich meinen Weg in Salvan fortsetze. Dies hat auch den Vorteil, dass es gegen Abend weniger heiss sein wird...meinen grossen Rucksack deponiere ich derzeit in einem Restaurant.

Der Weg, um direkt an die "Cascade de la Pissevache" heranzukommen ist (wohl wegen Steinschlaggefahr) gesperrt; ich entscheide mich für die Eigen-verantwortung und treffe am Fusse des Wasserfalls eine Mutter mit zwei Kindern, die eigenverantwortlich sichtlich viel Spass haben.

Nach dieser Erfrischung spaziere ich zur (touristisch erschlossenen) Gorges du Trient.

Unterwegs komme ich an vielen orange-leuchtenden Bäumen vorbei- "Walliser Aprikosen" -in diesem Jahr besonders von der Sonne verwöhnt! Eine Frau, die grade bei der Ernte ist, schenkt mir spontan zwei Hände voll von diesen köstlichen Früchten...





...immer wieder staunend, wie das Wasser eine Landschaft formt und der Mensch keinen Aufwand scheut, um diesem Naturschauspiel möglichst nahe zu kommen...


...zurück zum Bahnhof...Rucksack abholen- oh! der kommt mir diesmal schon ziemlich schwer vor...vielleicht liegt es u.a. am Kochzeug & Essen für etwa 3 Tage! Mit der Matterhornbahn geht es bergauf bis Salvan - inzwischen ist es ca. 18 Uhr - noch etwa 3½h hell...vielleicht reicht es ja noch, um heute bis nach Trient zu kommen?! An einer Wegkreuzung beim Waldeingang frage ich einen Bauern nach der Richtung...dieser schaut mich prüfend an und meint, bis Trient seien es bestimmt 5h, ob ich mir sicher sei, dahin zu wollen?! Naja, mal in die Richtung sage ich und denke insgeheim, dass es wohl nur 4h sein werden...und nehme den schmalen Pfad hinunter zum Gebirgsfluss.






Ein bisschen klein und so ganz allein in dieser wilden Schlucht umschleicht mich ein bisschen mulmiges Gefühl...hätte ich doch besser bei Tagesanbruch starten sollen? Da kommt plötzlich ein junger Fuchs bis fast 1 m nah auf mich zugelaufen, schaut mich an, als wolle er mir etwas sagen, dreht sich und verschwindet rasch wieder im Wald...wie schön war das denn?! Ich denke an die Geschichte vom Kleinen Prinzen und der Begegnung mit dem Fuchs...und irgendwie fühlt es sich an, als habe der kleine Fuchs mir versichern wollen, dass ich meinem Weg vertrauen kann...frohen Mutes & zeitlos wandere ich aufwärts entlang dem Trient-Wildfluss (welcher in Talnähe durch die am Nachmittag besuchte Trient-Schlucht fliesst) ...ich habe ja alles dabei, was ich brauche, so dass ich jederzeit mein Nachtlager aufschlagen kann.



Immer wieder mache ich einen Halt, um von den leckeren Waldhimbeeren zu naschen - ob der Bauer wohl deshalb meinte, es dauere bestimmt 5 h, oder ob er mich nur abschrecken wollte, um nicht in die Nacht hinein zu wandern?! Egal...ich werde es sehen...


...ein spätes Abendpicknick mit Aussicht und irgendwann die Entscheidung, bis nach Trient zu wandern. Es ist bereits dunkel, gegen 22 Uhr, als ich in den Ort komme und ich erinnere mich vage...in der "Auberge Mont-Blanc" hatte ich 1995! übernachtet, als ich mit einer kleinen Gruppe auf den Mont-Blanc stieg. Wo übernachte ich heute?! Der Mond leuchtet fast rund vom Himmel, eine sternenklare Nacht und ich habe keine Lust, im Halbdunkel noch nach einem Platz zu suchen und das Zelt aufzubauen...auf dem Spielplatz steht ein grosses Trampolin!

Ja, klar, da lässt es sich doch prima schlafen - mit Blick in den Mond- und Sternenhimmel.

...am Morgen ist rundherum alles feucht, auch der Schlafsack, ich fröstle. Mit etwas nostalgischer Stimmung an die damalige Mont-Blanc-Tour stärke ich mich bei einem Frühstück in der Auberge und ziehe weiter, als die wärmende Sonne überm Berg hervorkommt.






Auf dem Weg zum "Col de la Forclaz" - Pass begegne ich einigen WanderINNEN auf den beliebten Wegen mit Ausblicken zum Mont-Blanc, dem mit 4807 m höchsten Berg der Alpen.

Aber die bereits reifen Heidelbeeren scheinen ausser mir niemanden zu interessieren...die Büsche hängen voll mit diesen naturgeschenkten Immun-Powerbeeren!









...es ist zu heiss und zu trocken, um ein Feuer zu machen und darauf Risotto zu kochen, so bleibt dies im Rucksack und ich kehre in die so stilvoll und liebevoll gepflegte "Alpage de Bovine" ein...leckerste Rösti mit "Bella Vista" & Schokokuchen für die gute Laune!

Natürlich nur mit Barzahlung, was hoffentlich so bleiben wird...


...verwöhnt von grandiosen Ausblicken, Weitblicken und zauberhaften Nahblicken erreiche ich gegen Abend den Champex-Lac. Nach einem Picknick spaziere ich einmal rundherum und finde einen schönen Uferplatz mit freiem Blick zum Mond. Noch genügend hell, um in idyllischer Atmosphäre zum ersten Mal mein neues Zelt aufzubauen, in dem zwei Menschen Platz haben.


...wieder ein sonnig-heisser Tag vor mir...und Kürbisse, die auf einem Misthaufen gut zu gedeihen scheinen!

...jeder Brunnen eine willkommene Abkühlung! Und bei so vielen Höhenmetern unter der heissen Sonne, lege ich mich doch gleich mal ganz rein...

zumal von einem Balkon grade Musik läuft, die das Feriengefühl perfekt macht!

Ich fühle mich zwar nicht beobachtet, doch als ich etwas später frisch und munter am "Balkonhaus" vorbeilaufe, fragt mich der Musik-DJ, ob ich mein Bad genossen hätte...klar, und wie!


...steil hinauf nach Verbier -der Rucksack scheint immer schwerer zu werden- komme ich an einem Baum vorbei, welcher voller schwarzer Früchte ist, die nach kleinen Kirschen aussehen - warum nimmt die keiner, wenn man sie essen kann? Ich probiere eine Handvoll, eigentlich gut...und wenn sie doch nicht essbar sind?! Etwas später habe ich ein laues Gefühl im Bauch und eigentlich auch ein etwas bitterer Geschmack im Mund...vielleicht hätte ich die doch nicht nehmen sollen? Was wenn...Blödsinn! Das waren einfach Kirschen, die niemand wollte, weil sie zu klein waren...Kopfkino mit dem "Truth story" - Aussteigerfilm "Into the wild", welcher eine wilde Süsskartoffelsorte verwechselte...dabei bin ich einfach nur hungrig und der bittere Geschmack ist wohl von der Sonnenschutz-Lippenpomade...immerhin habe ich noch genug Essbares im Rucksack!



...endlich Verbier, endlich genug gelaufen für heute! Stilvoll abhängen, bis es dunkel wird und ich meinen zuvor gewählten Schlafplatz beziehe - unter dem Freiluft-Kletterturm...mittendrin, doch geschützt und ganz ungestört, mit Panoramablick auf den Vollmond, welcher in der Nacht über die ganze Bergkette wandert ...



...kurz vor 10 Uhr hole ich meine Herzensfreundin Ursula an der Gondelstation ab, sie ist von Luzern angereist, um mich für 2 Tage zu begleiten.

Bei einer heissen Schokolade besprechen wir die gemeinsame Route...





Mit etwas weniger Gepäck, da Ursula einen Teil in ihrem Rucksack verstaut hat, laufe ich wieder in schwungvollen Schritten den Berg hinauf...

wir werden verwöhnt von malerischer Landschaft zwischen verschneiten Viertausendern und Suonen.





Suonen sind historische Wasserleitungen, die typisch für's Wallis sind und dort "Bissen" genannt werden.









...zum Lac des Vaux 2543 m ...














...und danach über den Col de Chassoure - Pass auf 2739 m


...die Sonne steht bereits tief, als wir auf der anderen Seite -gefühlt endlos- über Steingeröll ins Nendaz-Tal absteigen...bis wir uns mit dem "Japanischen Garten" wieder an lebensfreundlicherer Vegetation erfreuen. Er wird so genannt, weil er Ähnlichkeit mit einem gestalteten Garten besitzt. Diese natürliche und heimelige Landschaft besitzt ein einzigartiges Ökosystem. Eigentlich wäre es ein wunderbarer Platz zum Übernachten, doch möchten wir noch einige Höhenmeter hinabsteigen, um in tieferer Lage zu übernachten.


...immer wieder pfeifen die Murmelis, mal sehen wir aus der Ferne zwei wegrennen und das helle Mondlicht lässt uns noch länger unterwegs sein...bis wir erst gegen halb elf unseren Lagerplatz bestimmen. Während ich das Zelt aufbaue, macht Ursula das Abendessen parat...und packt zum Dessert doch tatsächlich eine Schachtel Pralinen aus! (Noch) nicht geschmolzen oder inzwischen nicht mehr...

Im Zelt spiele ich ihr noch ein Geschichtenlied ab, da ist sie doch glatt dabei eingeschlafen! War ja auch ein langer Tag mit etwas mehr als 8 h reine Wanderzeit!

...wach werden wir von vielen Kuhglocken, die zunehmend lauter werden und näher kommen...ein Blick aus dem Zelt und wir schauen einem -an uns vorbeiziehenden- Alpaufzug mit mehr als hundert Rindern zu...


...immer wieder durch schatten-spendende Wälder; die Suonen sorgen für eine angenehme Luftfeuchtigkeit...und immer wieder für eine Erfrischung auf die ein und andere Art...



...immer wieder mit Dankbarkeit staunen über die grossartige Arbeit, die für den Bau und die Erhaltung dieser vielfältigen Wasserwege geleistet wurde und wird!

"Panta rhei" - alles fliesst, sagte einst der griechische Philosoph Heraklit.

Alles ist in unaufhörlicher Bewegung, alles ist im Werden, Entstehen und Vergehen.

Solange ich mich diesem Fluss hingebe, nicht festzuhalten versuche, was am Vergehen ist,

solange bleibt es leicht und ich bleibe im Flow...



...auf dem Weg ins Tal hinab

treffen wir noch auf eine Gruppe AlphornbläserINNEN, die den schattigen Wald als Proberaum bevorzugt...

es ist heiss, die Höhenmeter abwärts schwinden nur langsam, mit der Zeit habe ich das Gefühl, ich trage einen Sandsack auf meinem Rücken, meine Beine wollen streiken...da kommt ein grosses Heidelbeerfeld grade passend!

Auch Ursula kann sich dafür begeistern...

trotzdem gilt es irgendwann, weiter zu laufen...inzwischen kommt der Hunger dazu. Bei der Hitze wollen wir nicht noch kochen und laufen bis nach Nendaz, schon in Erwartung auf ein grosses Menu!

Es ist Nachmittag, überall hat die Küche geschlossen! Die Sonne brennt, gedanklich spielen wir verschiedene Varianten durch - schauen ins Tal nach Sion - und nehmen den Bus anstelle von weiteren etwa 800 Höhenmetern hinabzusteigen.



Etwa eine Stunde später kommen wir am See "Les Illes" an...ich fühle mich, als hätte mir jemand den Stecker rausgezogen. Also erst stärken, dann schwimmen...erwartungsvoll steuern wir das einzige Restaurant am See an...die Küche öffnet erst in einer Stunde und ausserdem sei bereits alles reserviert! Wir versuchen es beim Tennis-Clubhaus...und sitzen schlussendlich am See mit Panache, zwei Tüten Chips als Apero, danach Picknickreste aus dem Rucksack und zuletzt die restlichen geschmolzenen Pralinen - mit bisschen Phantasie Schokoladenmousse! Das passt zu uns beiden, fraulich unkompliziert und aus allem das Beste machend - lachen wir uns an und springen ins Wasser...bis Ursula irgendwann den Bus und Zug nach Hause nimmt. Einmal mehr auf eine wunderbare gemeinsame Zeit blickend...




Ich suche mir einen Platz ausserhalb des Parks am Seeufer und stelle nur das Innenzelt auf. Der Himmel ist sternenklar, kein Regen in Sicht...beim Einschlafen mischt sich das Geräusch von Trommeln in der Nähe und dem Rauschen der Autobahn in der Ferne...

plötzlich schrecke ich in der Nacht hoch, nachdem ich eine Ladung Wasser abbekommen habe- das sich anfühlt wie Platzregen. Aber als ich aus dem Zelt rausgehe, ist er schon vorbei - oder wollte mich jemand vertreiben?! Nein, es ist eine zeitgesteuerte, drehende Bewässerungsanlage, die sich ca. alle 2 Minuten für knapp 10 Sekunden über meinem Zelt ergiesst...in dem trockenen Zwischentakt montiere ich das Überzelt, schaue noch auf die Zeit - 4.40 Uhr! Und schlafe wieder, bis am Morgen die Vögel zwitschern und ein Eichhörnchen in den Bäumen über meinem Zelt herumflitzt.



Mit dem Vorortbus fahre ich zum Bahnhof und deponiere meinen grossen Rucksack im Schliessfach. Mit leichtem Gepäck möchte ich heute noch eine Tagesetappe wandern.

Doch erst noch einen Spaziergang & Café in Sion...welch' eine lebensfreudige Stimmung in der Stadt! ich erinnere mich, dass ich vor paar Wochen vom besuchenswerten Freitagsmarkt in der Altstadt gelesen hatte...dachte noch, dass ich meine Wanderetappen aber nicht daraufhin planen möchte... wieder mal so ein Moment, wo es einfach passt, wenn man nicht an etwas festhält, ergibt es sich im Flow wie von selbst.



Es ist ein ausgesprochen stimmungsvoller Markt - grösstenteils regionale Produkte und Handwerk aus der Region statt Massenramsch aus China & co; an vielen Plätzen Livemusik und andere KünstlerINNEN.



Nach Haute-Nendaz, wo wir gestern mit der Wanderung aufgehört haben, gibt es jede Stunde einen Bus...ich möchte jenen um 12.38 Uhr nehmen, muss mich etwas beeilen und zack! mache ich eine Bauchlandung vor einem Strassencafé! (bin irgendwie über ein Stück aufgesprengten Asphalt gestolpert...) Drei Männer, denen ich sprichwörtlich zu Füssen liege, wollen mich zugleich auf einen Drink einladen, nachdem sie sich erkundigt haben, ob alles o.k. sei...so ist es oft, da läuft man über Stock, Stein, durch Schluchten und über Pässe, um dann ganz banal in der Stadt zu stolpern...ich erreiche den Bus und kann eine knappe Stunde später meine Wanderung fortsetzen.

Ein paar Stunden wandere ich mit leichtem Gepäck, immer den Suonen entlang, immer wieder anhalten...jede Suone hat ihren eigenen Charakter, jede ist anders schön und so habe ich folgend eine kleine musikalische Impression davon zusammengestellt:



...Veysonnaz...auf einer Terrasse bei leckerem Kuchen sitzend, kann ich weit in die Täler und Berge blicken, wo ich die letzten Tage gewandert bin. So nehme ich am frühen Abend das letzte Postauto zurück... auf der Zugfahrt nach Hause nachklingend die vielen Eindrücke.














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