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passagecoaching

18. Etappe Guttannen- Furtwangsattel (2568m) - Trift- Tälli -Sätteli - Engstlensee - Engstlenalp

Aktualisiert: 24. Sept. 2022

24. August - 25. August 2022 (2 Tage)


10.30 Uhr Guttannen, 5h bis zum Furtwangsattel...wenigstens für zwei Tage mal wieder offline vom Weltgeschehen gehen...Abstand nehmen von der ständigen Reizüberflutung durch medial inszenierte Nachrichten...und in der Stille meiner eigenen Stimme lauschen.

Die Welt verändert sich in rasantem Tempo, ein Ereignis jagt das nächste, langgeglaubte Sicherheiten verlieren ihre Grundlagen. Neue Werte werden nicht nur als die neuen Ideale präsentiert, sondern einige auch für alle gemeingültig verordnet. Da bestimmt eine kleine Minderheit darüber, wie die Mehrheit andere Kulturen interpretieren sollte.

Aktuell das Beispiel rund um die "Winnetou"- Geschichte...mit der Begründung von "politischer Korrektheit" soll dieser und die romantisch verklärte "Indianerkultur" verschwinden - aus den Bücherregalen und am Besten auch aus den Köpfen und Herzen. In Deutschland erhielt kürzlich ein Kinderferienlager keine Zuschüsse, weil es das Motto "Indianer" trug. Kulturelle Aneignung, sowie dass man mit der Wortwahl Angehörige der indigenen Völker Amerikas lächerlich mache. Weder als ich selbst Kind war, noch all die Kinder, die entsprechend verkleidet "Indianer" gespielt haben, dachten dabei an die historische Geschichte der indigenen Bevölkerung.


Insbesondere Kinder sind fasziniert von der archetypischen Figur des "Indianer" - sie verbinden damit Mut, Stärke, Gerechtigkeitssinn, Naturverbundenheit. Die archetypischen Kulturtechniken wie reiten, Bogenschiessen, Feuermachen, zelten, wecken eine Sehnsucht nach einer naturnäheren Lebensweise, welche anderen Gesetzen folgt. Was zieht uns an fernen Ländern und fremden Kulturen an?! Ist es nicht auch die Suche nach einem Leben, das sich anders anfühlt, in das man für eine befristete Zeit mal reinschlüpfen möchte?


Und vielleicht auch etwas davon verinnerlichen mag, was man im eigenen Umfeld vermisst?



Ich habe zwar keine Karl May-Bücher gelesen, aber ich habe die Winnetou-Filme geliebt und sie haben nachhaltig Spuren hinterlassen. So habe ich Kanufahren, Reiten, Bogenschiessen gelernt, die Lebensweise in einem Tipi kennengelernt...UND ich habe mich dadurch für die wirkliche Geschichte der "American Natives" interessiert und die nicht fiktiven Bücher gelesen. Insofern kann ich alle bestens verstehen, die sehr emotional darauf reagiert haben, als "Winnetou" zensuriert wurde. Als würde man mindestens einer Generation die Erinnerungen an eine magische und heldenvolle Kinderwelt verderben wollen. Diese muss verteidigt werden - da geht es nicht nur um "Winnetou". Da geht es auch darum, dass das immer grösser werdende Maul der Intellektualisierung und "realitätsgetreuen" Aufklärung die Phantasie der Kinder nicht auffrisst.


Geträumt vom Indianerleben hat auch der "Büezer" (= jemand, der zum Lohnerwerb einer körperlichen oder handwerklichen Tätigkeit nachgeht und in historischer Sichtweise zur Arbeiterklasse zählt, also nicht zu den "Intellektuellen") Gölä:


Und für die Menschen im grossen - nicht nur ethisch kränker werdenden- Nachbarland eine musikalisch kulturelle Identifikation mit den Indianern in "Schriftsprache" von Pur:



Verschwinden all die Lieder, die gebastelten Traumfänger, Friedenspfeifen, Tipis, "Die Rede es Häuptling Seattle" (https://www.youtube.com/watch?v=ZgEzfZE4qpA) indianische Schwitzhütten auch mal mit der "Cancel Culture"?!

Ich löse dies dann einfach damit, dass ich mir -nach Bedarf- diese Kultur nicht aneigne, sondern mich damit identifiziere - und wer nicht respektiert, wenn ich mich zeitweise mal als Indianer oder Indianerin identifiziere, den/die (ohne divers) kann ich ja dann verklagen wegen Diskriminierung. Wobei "verklagen" nicht so meine Sache ist...




Furtwangsattel- Zeit, wieder die Schuhe anzuziehen, um über steiniges Geröll Richtung Triftgletscher hinabzusteigen...




Der Triftgletscher schmilzt besonders rasch- 2004 musste man eine Hängebrücke bauen, weil man die Trifthütte nicht mehr zu Fuss über den Gletscher erreichen konnte. 2009 ersetzte man diese durch eine sicherere und besser zugängliche Brücke, die als eine der längsten und höchsten Fussgänger-Hängeseilbrücken der Alpen gilt. Aktuell ist die Trifthütte wegen eines grossen Lawinenschadens geschlossen und der Weg dorthin wegen grosser Steinschlaggefahr gesperrt.

..steil und sehr exponiert schlängelt sich der Bergweg oberhalb des Gletschersees entlang..



...gegen 19 Uhr erreiche ich die Windegghütte an wunderbarer, aber auch ziemlich ausgesetzter Lage...noch eine kurze Rast, bevor ich weiter hinabsteige, um mir ein Nachtlager zu suchen...






Die Tage werden gefühlt nun immer schneller kürzer...ein kleiner Wettlauf mit der Zeit, das Gelände ist so steil, dass es kein einzig ebener Platz gibt...dann laufe ich vorbei an einer Schafherde, die erstmal zur Seite weichen. Die Weide ist zwar ziemlich uneben, aber wenigstens kein grosses Gefälle, ausserdem wird es gleich dunkel. Ich fange an, meinen Rucksack auszupacken, da stellt sich ein braunes Schaf vor mich mit gesenktem Kopf und blökt mich an- sichtlich verärgert. Als ich es wegscheuchen möchte, wird es lauter und plötzlich kommen alle Schafe von überall angelaufen, blöken mich an...mit dem Trekkingstock versuche ich noch, sie zu vertreiben, doch dann umzingeln sie mich von allen Seiten. Ich bin eingekreist, die einen fangen an, an den ausgepackten Sachen rumzuschnüffeln, zwei drücken ihren Kopf an meine Beine...ich denk nur "schnell weg!" Packe so schnell wie es geht, die Sachen ein und bahne mir einen Weg (mit Hilfe des Trekkingstock) durch die Menge. Zuerst folgen sie mir noch alle in ihrem Herdentrieb, dann erreiche ich einen Zaun mit einem Gattertor, das ich sehr erleichtert hinter mir schliesse! Es ist dunkel, der Gletscherfluss dröhnt laut - keine Wahlmöglichkeit mehr, um mein Zelt anderswo aufzuschlagen. Es ist zwar einigermassen flach, aber so laut, dass es sich anfühlt, als würde mich der Fluss mitsamt Zelt jeden Moment mitreissen. Ihn in der Dunkelheit nicht zu sehen, lässt es noch unheimlicher erscheinen. Auf den Schreck hin, esse ich erstmal was im Zelt, schreibe ein wenig, bin aber dann so müde, dass ich mich hinlege zum Schlafen! Oh, nein, das wird durch die Resonanz des Bodens noch lauter! Nun ja, ich mag ja nicht die ganze Nacht im Zelt sitzen...ich weiss sicher, dass ich nicht in Gefahr bin, aber anfühlen tut es sich sehr anders!

Es ist zwar idyllisch, an einem kleinen plätschernden Bach zu schlafen, aber an einem rauschenden Gletscherfluss ...! Vielleicht hilft die körperliche Erschöpfung nach etwa 9 Wanderstunden (mit Umweg)...



...endlich Morgen! Mein inneres Alarmsystem hat mich durch das tobende Flussrauschen immer wieder wach werden lassen...so hat sich die Nacht mit Schlaf-und Wachphasen abgewechselt...



Schafe- alleine traut es sich nicht, aber in der Herde!! Woher kommt mir das bekannt vor ?!



Steinschläge und Murgabgänge werden zur zunehmenden Gefahr, wenn man in den Bergen unterwegs ist. Alleine unterwegs, ist meine Achtsamkeit umso höher. Es ist früh am Morgen, die frische und feuchte Luft sind bereits Vorboten des herannahenden Herbstes...erst seit gestern bin ich unterwegs und habe doch das Gefühl weit weg zu sein von dieser anderen Alltagswelt mit ihrem unentwegten Treiben. Ich bin angekommen in einer kraftvollen Ruhe, die mir immer auch ein Stück Gelassenheit schenkt für alles, was da so auf mich einwirkt, wenn ich wieder zurückkehre.



Anfangs meiner Pilgerreise dachte ich, dass ich weniger oft und dafür über längere Etappen unterwegs sein werde. Mit der Zeit wurde daraus immer mehr ein "switchen" und wandern zwischen den Welten. Einerseits der Alltagswelt, andererseits die Zeit des Unterwegssein; beide Welten fliessen zunehmend ineinander, statt isoliert nebeneinander zu stehen. Die Klarheit der Gedanken, die sich beim Gehen sortieren, das Ungestörtsein von irgendwelchen Ablenkungen, die Beobachtung vom Zusammenspiel der Natur und vieles andere, werden zur grossen Ressource. Es manifestiert sich zunehmend eine Haltung, die mich - wie ver-rückt und turbulent das Weltgeschehen auch sein mag - mich wie ein Fels in der Brandung, in meiner Mitte hält. Ich lasse das Geschehen an mich heran, kann damit flexibel umgehen, ohne mich davon mitreissen zu lassen.








Im Tal angekommen, in der Ferne glänzt der Titlisgletscher, vorbei an der Tal-station der Tällibahn, geht es bergauf zum Sätteli - Passübergang nach Engstlenalp. Doch irgendwo bergauf verliere ich den Wegweiser und folge irgendwelchen Spuren, die irgendwo enden...wie im Leben. Manchmal braucht es Umwege oder auch "Anderswege", um etwas zu entdecken - ob im Aussen oder bei sich, was wir sonst vielleicht nicht hätten sehen können.














Kraftort Engstlenalp - auf der Engstlenalp wurden mit dem Biometer 48’000 Boviseinheiten gemessen, was der Ausstrahlungskraft der Pyramiden von Gizeh entspricht.

Wie das Gestein im Himalaya weist diese Gegend eine natürliche Radioaktivität von 27 Mikroröntgen pro Stunde auf und der Kompass ist aus unerklärlichen Gründen desorientiert.

....da nehme ich doch gerne ein Bad an diesem magischen Ort...


...und nun?! Wie komme ich zum nächsten ÖV, um nach Hause zu fahren?! Morgen früh habe ich wieder Termine...ich kehre mal beim Hotel Engstlenalp ein und hoffe, dass da auch einige Tagesgäste sind, die mit dem Auto ins Tal fahren. Am frühen Abend Autostop an der Strasse...zwei Frauen halten an...sie können mich mitnehmen bis ins Haslital- perfekt! Da sie eine Sondergenehmigung haben, können sie eine Strasse nehmen, deren Zielort meinen Heimweg um einiges abkürzt. Schon bald steige ich beim Brünigpass in den Zug - freudig und dankbar darüber, wie es sich "ungeplant" bestens fügte.




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